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Sigurd
Hebenstreit
Brauchen
wir einen anderen Kindergarten?
Unter
dem Titel „Offen – spielzeugfrei oder
im Wald – Brauchen wir einen anderen
Kindergarten“ in: Welt des Kindes, 1996,
Heft 2, S. 6 bis 11
Waschpulver
zum Beispiel
Die
Werbekampagne läuft auf Hochtouren.
Das immer gleiche Produkt wird mit immer
neuen Adjektiven versehen: mal englischsprachige
Steigerungen - ultral-light-mega-supra
-, mal neue Wortschöpfungen - april-weich-kuschel-frisch.
Unser Waschpulver unterliegt der scheinbaren
Veränderung: mal pulvriger - mal körniger,
mal bunter - mal weißer. Die Verpackung
wandelt sich: das gleiche Markenzeichen
wird in unterschiedliche Bildumgebungen
eingebettet, die Größe verringert sich
(haben Sie sich auch schon einmal gefragt,
als Sie ein Paket vom Gewicht eines
Kilos Zucker in der Hand hielten, warum
der Packungsaufdruck immer von 3 kg
spricht?), die Form wird eckig. Schließlich
kommt das „praktische Nachfüllpack“
hinzu. Bei all den vielen Veränderungen
bleiben zwei Dinge gleich: der Name
(„Persil bleibt Persil“, schon unsere
Großmütter wuschen damit ihre Wäsche,
denn die Einführung eines neuen Produktnamens
würde die Kosten der Werbekampagne ins
Unermessliche steigern) und der Zweck
des Ganzen (schmutzige Wäsche zu säubern,
und meine Erfahrung sagt mir, dass trotz
der Wandlungen der äußeren Erscheinungsformen
meine Wäsche nicht sauberer wird als
vor 20 Jahren).
Seit
gut einem drei Vierteljahrhundert wird
das Produkt der institutionellen Erziehung
kleiner Kinder unter dem einheitlichen
Begriff „Kindergarten“ angeboten - bis
zum Ende des Ersten Weltkrieges musste
die Fröbelsche Sprachgebung noch konkurrieren
mit „Kleinkinderschulen“, „Bewahranstalten“
etc. Der Name hat sich so weit durchgesetzt,
dass er als Fremdwort in andere Sprachen
eingegangen ist. Vor jetzt bald 30 Jahren
wurde versucht, das Produkt als Auslaufmodell
zu behandeln, „Vorklassen“ und „Eingangsstufen“
sollten an seine Stelle treten. Doch
diese Umgestaltung misslang (zum Glück),
und seit der erfolgreichen Abwehr derartiger
Experimente beherrscht der „Kindergarten“
wieder eindeutig die Landschaft.
In
unseren Tagen wird er dabei wieder mit
Zusätzen versehen - „offen“, „spielzeuglos“,
„Wald-“ etc. -, die andeuten sollen,
dass wir einen „anderen“ Kindergarten
benötigen. Ist dieses „Andere“ ein neuer
Name für das gleiche Produkt? Soll etwas
Farbe in den grauen Alltag gebracht
werden? Wer hat auf dieses „Andere“
gewartet? Oder wird hier nur die Lösung
eines Problems angeboten, das außer
dem Erfinder des „Anderen“ noch niemand
hatte? Wem nützt das „Andere“? Der Kindergartenindustrie,
die ihre neuen Produkte an den Mann
bringen kann, dem Fortbildungsreferenten,
der dadurch für das nächste Jahr ausgebucht
ist, dem Träger, der nach Kosteneinsparmöglichkeiten
sucht? Oder den Kindern, Erzieherinnen
und Eltern?
Damit
keine Missverständnisse aufkommen: hier
soll nicht gegen die notwendige Diskussion
um Veränderungen in der Kindergartenpraxis
geschrieben werden, sondern dafür, dass
wir mit der pädagogischen Reform vorwärtskommen.
Wie jede andere Lebenswelt unterliegt
auch der erzieherische Bereich der ständigen
Wandlung: neue Wege werden probiert,
einige erweisen sich als Sackgasse,
zwingen zur Umkehr; andere sind erfolgreich,
wie ein neuer Ring legen sie sich um
den Stamm des Baumes und werden zur
Tradition, die weiterzugeben sich lohnt.
Jede Erzieherinnengeneration muss aufs
Neue ihren Weg in der Erziehung ihrer
Kinder finden. Sie mögen sich fragen,
was von dem Überlieferten zu übernehmen
sei, an anderen Elementen werden sie
sich kritisch reiben, und für neue Fragen
werden sie neue Lösungen ausprobieren
müssen.
Dieser
Artikel beschäftigt sich mit dem „Anderen“
in der gegenwärtigen Diskussion um den
Kindergarten, wobei es nicht um Diskussion
einzelner Neukonzeptionen geht - die
Leserin wird dies in kritischer Auseinandersetzung
selber tun - sondern es sollen einige
Kriterien für die Einschätzung unterschiedlicher
Positionen genannt werden. Beginnen
wir mit zwei Veränderungstypen, die
wenig sinnvoll erscheinen.
Die
neue Telekom
Vor
einigen Jahren wurde beschlossen, die
Dienste der alten Deutschen Bundespost
neu zu ordnen: Brief- und Paketdienst,
Bankgeschäfte sowie Telephon sollten
von unterschiedlichen Unternehmen angeboten
werden. So wurde die Telekom gegründet.
Der neue Name war nicht alles - an diese
Sprachverstümmelung wird man sich schon
gewöhnen -, auch eine neue Farbe musste
her. Früher war die Post einheitlich
gelb, die Telekom wurde jetzt pink-rosa.
Dies betraf auch die Telephonhäuschen.
Sie strahlten früher in leuchtendem
Gelb, seitdem wurden sie durch pink-rosane
ersetzt. Als ich das erste Mal eine
solch neue Telephonzelle sah, dachte
ich, es handele sich um die Neubelebung
der alten Toilettenhäuschen. Auch heute
noch habe ich Schwierigkeiten, in diesen
Objekten mit dem neuen Outfit eine Einrichtung
zu sehen, die mir helfen kann, wenn
ich von unterwegs telephonieren will.
Suche ich eine solche Gelegenheit, so
springen mir die zum Glück noch nicht
gänzlich abgeschafften leuchtend-gelben
Zellen sofort ins Auge, wohingegen die
pink-rosanen sich eher verstecken.
Es
gibt Veränderungen um der Veränderungen
willen. Nicht dass etwas „besser“ würde,
sondern dass es „anders“ ist, bewirkt
die Reform. Und das ist ärgerlich: Warum
soll ich mich auf eine neue Verpackung
umstellen, die den Zweck - in unserem
Beispiel den Signalcharakter beim raschen
Finden der Telephoniergelegenheit -
nur schlechter erfüllt als die alte.
Ein „anderer“ Kindergarten macht nur
Sinn, wenn es ein „besserer“ Kindergarten
ist. Nur das Äußere zu ändern, weil
es modischer dreinschaut, taugt nichts.
Was „besser“ heißt, darauf werden wir
gleich zurückkommen.
Auch
im Kindergarten gibt es viele Veränderungen
im Stile der neuen Telephonhäuschen
der Telekom. Eine Erzieherin mit langer
Berufserfahrung erzählte mir einmal
von ihrer Fachberaterin, die ein mal
jährlich in die Einrichtung kam und
bereits in dem langen Flur die jeweils
neue Parole ausgab: mal sollte jedes
Kind innerhalb der Einrichtung Pantoffel
tragen, dann wieder die Straßenschuhe,
dann sollte es ihnen freigestellt bleiben;
mal sollten die Pantoffel unter die
Sitzbank und die Schuhe darauf, dann
genau anders herum, Schließlich beide
nach unten und dann beide nach oben.
Was gleich blieb war das Engagement
der Fachberaterin für die jeweils neue
Pantoffelordnung. „Moderne Kindergartenarbeit
zeichnet sich aus durch ...“, „man macht
das heute so“ - auf jeden Fall anders
als gestern.
Es
gibt in der Kindergartenpädagogik unendlich
viele Fragen, die die eine Erzieherin
so, die andere anders regeln kann. Es
mag Praktikabilitätsgründe für die eine
oder andere
Lösungsstrategie geben, doch
eigentlich lohnt sich ein Streit darüber
nicht. Wir können dagegen in Einrichtungen
oft erleben, wie „Glaubenskriege“ um
sekundäre und tertiäre Fragen geführt
werden. Mitarbeiterinnen streiten sich
dann in einer Heftigkeit, die bis ins
Persönliche geht, nur weil die Toleranz
fehlt, unterschiedliche Erziehungsstile
nebeneinander dulden zu lassen. Dabei
würde eine Selbstreflexion von Erzieherinnen
mit längerer Berufserfahrung zeigen:
wofür haben wir uns in der Vergangenheit
mit Entschiedenheit eingesetzt, wovon
wir jetzt selbst das Gegenteil denken?
Solche „Glaubenskriege“ um nebensächliche
Fragen haben eine enorme gruppendynamische
Sprengkraft, und sie verhindern vor
allem, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren.
Was ist wirklich wichtig für mein Leben
und für das der mir anvertrauten Kinder?
Biologisch-dynamische
Ernährung
Es
gibt einen zweiten Veränderungstyp,
der nicht ganz so überflüssig wie der
erste ist, aber doch bestimmte Probleme
schafft. Nehmen wir ein Beispiel: Über
unsere Ernährung lässt sich trefflich
streiten: Zu viel Fett und zu wenig
Vitamine, zu viel Fleisch und zu wenig
Gemüse, zu viele Süßigkeiten und zu
wenig nährende Ballaststoffe, zu viele
Gifte durch künstliche Überdüngung und
zu wenig umweltgerechte Anbaumethoden,
zu viel Fast Food und zu wenig reflektierter
Umgang mit dem Essen. Unsere Ernährungsart
bringt Probleme mit sich: gesundheitliche,
ökologische, soziale. Wir sollten über
das Thema mehr nachdenken. So weit,
so gut.
Ärgerlich
wird es, wenn dieser berechtigte Punkt
mehr Aufmerksamkeit erhält, als ihm
zusteht. Alle Gespräche der Erwachsenen
können um dieses Thema kreisen, alle
Probleme scheinen dadurch bedingt zu
sein - bis hin zu der Nervigkeit des
kleinen Zappelphillips. Die Diskussion
um dieses Thema hat sich bis in den
Kindergarten hinein niedergeschlagen.
Es gibt Kindertagesstätten, in denen
Kinder mit Hirsebrei malträtiert werden
und in denen Erzieherinnen einen Kampf
gegen Süßigkeiten führen (und den gesunden
Apfel als Alternative anbieten), als
gälte es, dem Teufel selbst entgegenzutreten.
Man ergreift einen kleinen Zipfel eines
riesigen Tuches, und indem man mit dem
Stückchen wedelt, wähnt man, man bewege
das ganze Tuch.
Viele
Veränderungen in der Kindergartenkonzeption
unserer Tage funktionieren nach diesem
Prinzip: man nimmt den kleinen Teil
für das große Ganze. Die einzelnen Elemente
mögen dabei ihre Berechtigung haben:
nichts spricht dagegen, Kindern mehr
Gelegenheit zum Spiel im Freien zu verschaffen,
ihnen mehr Selbstbestimmung bei der
Wahl ihres Aufenthaltsortes zuzutrauen,
sie nicht mit künstlichem Spielekram
abzuspeisen, ihnen die freie Natur als
Spielort wiederzugeben. Doch es wird
problematisch, wenn einem einzelnen
Element mehr Gewicht beigemessen wird,
als ihm zukommt. Schnell gerät dann
etwas in den Mittelpunkt, was eigentlich
ein Randphänomen ist.
Es
gibt Kinder, für die ein „offener“ Kindergarten
Befreiung von Zwängen, Möglichkeit zur
Selbstentdeckung bedeutet. Aber es gibt
auch solche für die er Angst vor dem
Chaos, vor dem Lauten, Undurchschaubaren
ist, in dem das Recht des Stärkeren
gilt. Konzeptionell kann der „andere“
Kindergarten deshalb nicht „besser“
sein, je „offener“ er ist, sondern je
sensibler die Erzieherin zwischen „Freiheit“
und „Heimat“ nach Maßgabe der jeweils
verschiedenen kindlichen Entwicklungsbedürfnisse
abwägen kann. Oder um ein weiteres Beispiel
zu nehmen: Kinder werden heute überschüttet
von einem künstlichen Spiele-, Material-
und Medienangebot, das ihnen den Weg
zu selbsterfülltem Spiel verbauen kann.
Aber ihnen dies alles zu nehmen, weil
uns Erwachsenen die selbstgeschaffene
Konsumwelt über den Kopf wächst, erzeugt
eine pharisäerhafte Haltung. Ich habe
zu dem letzten Weihnachtsfest einem
Jungen eine Power-Rangers-Figur geschenkt.
Ich glaube, er hat sich gefreut.
Kriterien
sinnvoller Veränderungen
Wenn
die Zeichen nicht trügen, erleben wir
gegenwärtig eine Phase lebhafter Neuorientierung
in der Kindergartenpädagogik. Die Landschaft
wird wieder bunter, was zu begrüßen
ist. Von verschiedenen Gesichtspunkten
aus gibt es Vorschläge einer neuen konzeptionellen
Diskussion, und die Zeitschrift „Welt
des Kindes“ bemüht sich erfolgreich,
diesen Prozess zu dokumentieren und
zu befördern. Wir kommen damit weg von
der ausschließlichen Engführung an dem
„Betreuungsbedarf“ und der Beklagung
ökonomischer Sparzwänge. Die Lebendigkeit
der gegenwärtigen Auseinandersetzung
tut dem Beruf, der von der Kreativität
und Spontaneität der Erzieherinnen lebt,
besser gut als eine Friedhofsruhe oder
die scheinbare Einigkeit unter dem Dach
„situationsorientierter Kindergartenarbeit“.
Auch wenn vieles der gegenwärtigen Ansätze
zeitbedingt ist und wohl keine lange
Lebensdauer haben wird, ihre Buntheit
lädt alle Beteiligten zu engagierter
Diskussion ein und zwingt, sich auf
das Wesentliche zu konzentrieren.
Wie
aber stellen wir fest, was das Wesentliche
ist? Wie finden wir Orientierung in
dem gegenwärtigen Dschungel unterschiedlicher
Ansätze? Wie scheiden wir wertvolle
Gedanken von zufälligen, rasch vergänglichen
Neuerungsideen? Ich schlage fünf Fragen
vor, an Hand derer sich die Legitimation
der „anderen“ Kindergartenkonzeptionen
überprüfen lässt. Lassen sich alle fünf
Fragen für einen vorgeschlagenen „neuen“
Weg in der Kindergartenpädagogik bejahen,
so besteht dieser zu Recht, und er sollte
Chance zur Realisierung bekommen, auch
wenn er anderen, ebenfalls legitimen
Positionen widerspricht. Müssen hingegen
eine oder mehrere der Fragen verneint
werden, so sollte die Konzeption nachgebessert
werden oder in Vergessenheit geraten.
1.
Stellt
die Konzeption eine pädagogische Sichtweise
der kindlichen Entwicklungsbedürfnisse
in den Vordergrund? Es geht nicht
um Pommes frites mit Ketchup, Fanta
und RTL. Es geht um die tieferliegenden
Fragen, Ängste, Freuden des Kindes.
In seinem Spiel will es diese ausdrücken
und ausprägen, damit es kraft- und lustvoll
in seine Welt hineinwachsen kann. Im
Mittelpunkt der Pädagogik des Kindergartens
muss deshalb die Förderung der eigenen
Aktivität eines jeden Kindes stehen:
nicht Beschäftigung mit irgend etwas,
nicht Spielerei zum Zeitvertreib, sondern
das freie Spiel des Kindes. Kindergartenpädagogik
ist Spielpädagogik.
2.
Hilft
die Konzeption, die liebend-engagierte
Beziehungsgestaltung der Erzieherin
zu jedem einzelnen Kind zu befördern?
Ein Kind lieben, jedes Kind lieben.
Es nicht erdrücken, ihm nicht die eigene
Vorstellung aufpressen, sondern es freigeben,
damit es sich selbst finden kann. In
der Zeitung stand heute eine Anzeige.
In ihr rät die Kriminalpolizei unter
der Überschrift „Schützen Sie Ihr Kind vor Sexualstraftätern“: „Verdeutlichen Sie
ihm, dass es niemandem vorbehaltlos
trauen darf.“ Doch im Kindergarten soll
jedes Kind erfahren: Egal, was ich tue
und denke, der Erzieherin kann ich ohne
Vorbehalt vertrauen. Weil sie mich ohne
Vorbehalt liebt. Kann man jedes Kind
lieben? Wenn man sich an der wunderbaren
Individualität erfreuen kann.
3.
Gibt
die Konzeption Hinweise, wie die familiale
Situation der Kinder durch das institutionelle
Angebot gestützt werden kann? Es
ist nicht leicht, Familie in unserer
Zeit zu leben. Dem verbreiteten, emotional
tief verankerten Wunsch steht die Erfahrung
von Brüchigkeit und rascher Verletzbarkeit
gegenüber. Doch es gibt keine Alternative:
ein Kind und die Erwachsenen bedürfen
der Erfahrung von Heimat, der dauerhaften,
sicheren Verlässlichkeit, die auf affektiver
Bindung und nicht professioneller Kompetenz
beruht. Kann das zeitweise, institutionelle
Angebot die Familie entlasten, sie stützen,
das „Band“ der Familienbeziehungen zu
stärken oder neu zu binden? Hilft es
den Familien, einen Weg zwischen Auflösung
und Isolierung zu finden?
4.
Schafft die Konzeption Voraussetzungen
dafür, dass der wohnortnahe Kindergarten
sich als Teil der Öffentlichkeit im
Stadtteil etablieren kann? Der Einkauf
wird im Supermarkt draußen vor der Stadt
erledigt, der Weg zu Freunden und Bekannten
wird mit dem Auto überwunden, das Fernsehen
bringt die weite Welt ins Wohnzimmer,
Telephon und Computer überbrücken große
Entfernungen, das Angebot der örtlichen
Kirchengemeinde wird nur noch von wenigen
genutzt. Es gibt in unserer Zeit wenig
Berührungspunkte, die einen mir der
unmittelbaren Umgebung und den Menschen
in ihr verbinden. Der wohnortnahe Kindergarten
ist einer von ihnen. Hier lassen sich
neue Bekanntschaften knüpfen, lässt
sich Nachbarschaft erfahren und politische
Einflussnahme ausüben. Doch diese Möglichkeiten
ergeben sich nicht von selbst, sie müssen
konzeptionell vorüberlegt, bewusst gestaltet
und praktisch angegangen werden.
5.
Befördert die Konzeption den
Gedanken der sozialen Gerechtigkeit,
indem sie benachteiligte und behinderte
Kinder besonders in den Blick nimmt?
Es gibt viele gute Ideen zur Kindergartenpädagogik
und -praxis, doch sie scheitern daran,
dass sie sich egozentrisch um die eigene
Mittelschichtposition drehen. Kindergartenkonzepte
sind jedoch nur dann legitim, wenn sie
auch für Kinder aus unteren Schichten
Hilfen anbieten, die deren Situation
trifft. Diese Forderung gehört zu den
unverzichtbaren sozialpädagogischen
Wurzeln. „Erfolgreich“ werden wir erst
den Kindergarten nennen können, der
auch behinderte Kinder und die unter
schwierigen sozialen Bedingungen lebenden
nicht von seinen Angeboten ausschließt,
sondern der im Gegenteil ihr Wohl verstärkt
im Auge hat.
All
die genannten Fragen sind Grundlage
der pädagogischen Ideen Johann Heinrich
Pestalozzis, Friedrich Fröbels und Maria
Montessoris. Sie gehören zur Tradition
des Kindergartens. Nimmt man diese Geschichte
auf, so bedarf es keines „anderen“ Kindergartens,
sondern der ständig fortlaufenden Bereitschaft
neuer Erzieherinnen, die Frage in sich
wach zu halten, welchen Beitrag sie
dazu leisten können, dass Kinder mit
Selbstvertrauen in eine friedliche und
gerechte Welt hineinwachsen können.
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